Etwas neidisch bin ich aus Wien zurückgekehrt. Denn mein Verdacht, denn ich schon vorher hatte, ist nun, nach dem Kongress, noch weiter erhärtet: in Österreich wird E-Learning bzw. die Einbindung neuer Medien in den Unterricht „von oben“ deutlich besser gefördert als bei uns. Ein solches Klima würde ich mir in Deutschland auch wünschen, wenn es darum geht, die Unterrichtsentwicklung voranzubringen…
Doch kurz der Reihe nach.
Die Hinfahrt im Nachtzug war leider nicht so optimal verlaufen. Ich konnte ca. 3 Stunden schlafen und musste morgens um 5 Uhr auch schon aufstehen. War also nicht so der Hit. Entsprechend übermüdet kam ich um 6 Uhr in Wien an und hatte ausreichend Zeit, die Stadt zu erkunden. Und das hat mich für den Schlafmangel entschädigt, denn Wien ist wirklich eine sehr schöne Stadt. Bevor ich auf die Tagung eingehe, vielleicht noch zwei kleine Beobachtungen: mir die ausgeprägte Höflichkeit aufgefallen, denn bis zum Exzess wurde sich immer wieder bei allen für alles bedankt (was natürlich wienerisch-charmant und sympathisch war; ich selbst bedanke mich ja auch lieber zuviel als zuwenig) und etwas befremdlich fand ich die Titelfixierheit, wodurch manches sehr förmlich wirkte (wobei das wohl so üblich ist).
Die Tagung selbst war insgesamt sehr gut, wenngleich meine Gefühle etwas ambivalent sind. Einerseits begeistert von vielen guten Ideen und wie gesagt von der Atmosphäre, die nach meinem Empfinden deutlich positiver ist als in Deutschland. Die Wertschätzung und Unterstützung wurde auch dadurch demonstriert, dass vier Ministeriumsvertreter anwesend waren, selber zwei Beiträge geleistet haben und vielfach in kleinen Projekten deutlich wurde, dass immer wieder das bmbwk mithilft. Natürlich ist der Eindruck etwas verfälscht dadurch, dass auf der Tagung best practice vorgestellt wurde und nur sehr engagierte Lehrer anwesend waren. Doch zugleich war ich auch enttäuscht. Zum einen habe ich kaum theoretische Impulse erhalten, zum anderen waren manche Projekte einfach nur schlecht, wobei mir das auch gezeigt hat, welche Leistung an der Professur für Medienpädagogik vollbracht wird, wo mit geringen Ressourcen und z. T. gegen Widerstände viel bessere Ergebnisse erreicht werden. Was da alles mit einer ähnlichen Unterstützung möglich wäre…
Doch auch das hat seine gute Seite. Denn dadurch wurde mir klar, dass unsere Ansprüche und Projekte zuweilen zu weit weg sind von dem, wo die Mehrheit noch steht. Das ist eine Art „Expertenproblem“: wir, die wir selbstverständlich mit den digitalen Medien umgehen und uns schon lange mit E-Learning beschäftigen, haben viel zu hohe Ansprüche und z. T. überzogene Vorstellungen von dem, was ein Durchschnittsuser oder -lehrer tatsächlich leisten kann (und auch gar nicht muss). Tim Schlotfeldt hat hierzu auch mal einen amüsanten Beitrag zum Thema „information worker“ gepostet.
Es würde jetzt den Rahmen sprengen, hier ausführlich auf alle Beiträge einzugehen. Insgesamt war auch nichts wirklich Neues dabei. Für mich war der große Gewinn, zu sehen, was wie in der Schulpraxis funktionieren kann. Es wurde versprochen, eine ausführliche Dokumentation online zugänglich zu machen. Sobald es diese gibt, werde ich darauf hinweisen, denn es lohnt sich sicher, dort mal nachzuschauen. Außerdem will ich nach und nach einige Links hier posten.
Ach ja, natürlich habe ich auch einige sehr interessante Gespräche geführt. Leider war ich am ersten Tag viel zu müde und deswegen unentspannt, um auf Gesprächspartner zuzugehen. Deshalb habe ich manche Gesprächsabsicht auf den zweiten Tag verschoben, allerdings waren dann nicht mehr alle diejenigen anwesend, die ich noch was fragen wollte…
Eine letzte Sache noch: ich habe den Eindruck, in Österreich sind verschiedene Bildungsinstitution stärker miteinander vernetzt und im Schulbereich gibt es auch vielfältige Bemühungen von Nicht-Lehrern. Natürlich ist das ebenfalls etwas verzerrt dadurch, dass auf dem Kongress explizit Vernetzung gefördert werden sollte und auch solche Projekte vorgestellt wurden. Trotzdem habe ich es in Deutschland noch nicht erlebt, dass z. B. Diplom-Pädagogen oder Ingeneure in der Schule tätig waren und dort viele frische Ideen eingebracht und neue Ansätze umgesetzt haben – also der Schulbereich nicht so abgeschottet erscheint (ich selbst bin ja auch kein Lehrer und beschäftige mich trotzdem damit, was in Österreich weniger ungewöhnlich zu sein scheint).
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